Melbourne kulinarisch

Das Erkunden landestypischer Spezialitäten ist für viele Reisende ein ganz besonders Vergnügen, welches auf einer Reise auch einen hohen Stellenwert einnimmt. Nun könnte man meinen, dies sei in Australien, wo die heutzutage vorzufindende Kultur vergleichsweise jung ist, als weniger wichtig zu  betrachten.

Dabei übersieht man allerdings das in der kurzen, erfolgreichen Geschichte erstarkte Selbstbewusstsein der Australier und ihre traditionelle relative Isoliertheit.

Zwar stößt man in Australien (und damit auch in Melbourne) nicht unbedingt auf eine fremdartige, von ihrer Grundstruktur her exotische Küche, doch gibt es durchaus einiges zu entdecken. Abgesehen davon bietet speziell Melbourne eine dermaßen große gastronomische Vielfalt, dass man eigentlich so ziemlich jede Küche auf der Welt in irgendeiner Art hier wiederfinden kann – darunter eben auch für Australien exotische Speisen, so dass auch Genießer ausgefallenerer Spezialitäten auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen werden. Nicht umsonst gilt Melbourne mit seiner stolzen Zahl von 3500 Restaurants, welche auf rund 80 verschiedene Küchenkulturen zurückgreifen, als die „Stadt des Essens“ in Australien (und in gewissen Kreisen auch weltweit).

Ganz egal, ob sie auf der Suche nach einer großen Auswahl von italienischer Pasta sind, welche teilweise auf traditionelle, teilweise auf einschlägig australische Art zubereitet wird, ob sie klassische französische Küche schätzen oder es sich gerne in einem stilechten japanischen Teehaus gut gehen lassen wollen – in Melbournes reicher Gastronomievielfalt werden sie sicher fündig.

Feurig scharfes indisches Curry findet man in der Stadt ebenso wie typische bayrische Leberknödel (zu denen man entweder Lagerbier oder Weissbier trinken kann), auch Kebap-Häuser sind durchaus zu finden. Mitunter hat man den Eindruck, dass die Speisen auf eigentümliche Art und Weise anders zubereitet sind als die, welche man eventuell von zu Hause kennt, doch ist dies keineswegs ein Nachteil.

In Australien ist mexikanisches Essen recht beliebt und daher auch einigermaßen weit verbreitet; manche Restaurants bieten auch eine Kombination aus australischer, amerikanischer und mexikanischer Küche an, die sich meist als ein Konglomerat immenser Fleischportionen darstellt, unter denen es auch exotische Tiere wie Emus oder Kängurus gibt.

Seinen Ruf als „Stadt des Essens“ will Melbourne auch wahren (patriotische Melbournians sind schließlich stolz darauf, den „Emporkömmling“ Sydney so noch rechtmäßig in einer Disziplin zu schlagen), und daher ist es leicht, gute Informationen über die kulinarischen Möglichkeiten in der Stadt zu bekommen. Magazine und Broschüren liegen bei den meisten Zeitungshändlern aus und sind oft umsonst zu bekommen. Renommierte Publikationen in diesem Bereich sind Schriften wie „Cheap Eats in Melbourne“ oder „The Age Good Food Guide“. Wenn sie vorhaben, ihre kulinarischen Ausflüge in Melbourne ausführlicher anzulegen, seien ihnen solche Hefte auf jeden Fall ans Herz gelegt.

Gepflogenheiten

Im Grunde genommen unterscheiden sich die gastronomischen Gepflogenheiten in Melbourne nicht besonders von denen in Europa (und praktisch gar nicht von denen im Rest Australiens).

Man sollte im Hinterkopf behalten, dass gerade die besseren Restaurants in Melbourne äußerst renommiert sind, weshalb eine telefonische Vorbestellung für einen Tisch besonders am Abend zu empfehlen ist.

Eine Besonderheit in Melbourne ist das sogenannte „B.Y.O“ (Bring Your Own). Diese Buchstaben findet man in der Stadt an relativ vielen Restaurants in der Stadt. B.Y.O. bedeutet, dass man seine eigenen Getränke mit ins Restaurant bringen darf, was auf die hohen Preise von Alkohollizenzen zurückzuführen ist.

Die große Verbreitung dieser B.Y.O.-Regelung hat mittlerweile dazu geführt, dass sich dies so eingebürgert hat, dass es nicht etwa nur in besonders kleinen Häusern zu finden ist, die sich die Lizenzgebühren etwa nicht leisten können, sondern durch die Bank in allen Klassen. Alkohol darf in Restaurants auch ohne Lizenz serviert werden, wenn die Gäste ihn selber mitbringen, und dies erfreut sich in Melbourne (wie zum Beispiel auch in Sydney) auch großer Beliebtheit, so großer sogar, dass auch Restaurants mit Lizenz oft erlauben, dass Gäste ihre eigenen Getränke mitbringen. In diesen Häusern fällt dann mitunter eine geringe Korkengebühr pro Person an, die allerdings im Vergleich zu den in Deutschland in der Gastronomie üblichen Getränkepreisen kaum ins Gewicht fällt. Im Gegensatz zum klassischen B.Y.O. eines nicht-lizensierten Restaurants nennen diese Häuser ihren Service „licensed-BYO“. Eine weitere Variante des Bring-Your-Own wird mitunter unter dem Namen „BYO – wine only“ geführt.

Esskultur und Esskulturen

Es scheint in Melbourne eine besondere Angewohnheit der verschiedenen Küchen zu sein, dass sie sich in bestimmten Gegenden verstärkt gruppieren und dort auch nach Möglichkeit keine „ausländische“ Konkurrenz zulassen. Dies gilt natürlich insbesondere für die Küchen solcher Kulturkreise, die sich auch öfter in „eigenen“ Straßenzügen zusammenfinden, so dass die kulturelle Trennung natürlich auch schon ohne Gastronomie relativ scharf ist.

So wird die Bourke Street im City Centre klar von italienischen Restaurants und Bistros dominiert, unter die sich auch ein paar Häuser mit typisch australischer Küche mischen, während in der Lonsdale Street hauptsächlich griechische Gastronomie zu finden ist.

Der Vorort Carlton ist wiederum klar in italienischer Hand (überhaupt sind die Italiener in der Gastronomie in Melbourne ziemlich stark), während in Fitzroy exzellente spanische und portugiesische Restaurants zu finden sind.

Die größte Dichte von Restaurants findet sich eindeutig im City Centre, dicht gefolgt von St. Kilda. Im Stadtzentrum findet man eine Unzahl von kleinen Cafés und Takeaways, in denen man den Tag über Snacks erstehen kann. Insbesondere Flinders Lane ist ein wahres Mekka dieser kleinen Buden. Man kann dort ohne größere Probleme für zwischen 2 und 6 Dollar ein Frühstück einnehmen, das sich entweder als kleiner Snack oder schon als richtiger kleiner Genuss bezeichnen kann.

Hauptmahlzeiten in einem der Restaurants der Stadt schlagen mit 6 Dollar und mehr zu Buche, wobei normalerweise die kleineren chinesischen Restaurants, welche man zum Beispiel in der Little Bourke Street findet, vergleichsweise die günstigsten sind.

Allerdings leiden diese Häuser unter der Konkurrenz großer Take-Away-Ketten, die für weniger Geld ein komplettes Essen inklusive eines Getränks anbieten, ein Preis, der von klassischer Gastronomie natürlich kaum zu schlagen ist.

Es ist also klar, dass man in Melbourne auch ohne selbst zu kochen relativ günstig über die Runden kommen kann; selbstverständlich sind die preislichen Grenzen in der australischen „Stadt des Essens“ nach oben völlig offen. Es ist keine Schwierigkeit, für ein Dinner ohne die Getränke schon 50 Dollar zu bezahlen, ein Preis, der sich allerdings auch in der exzellenten Qualität der melbourneschen Küche niederschlägt.

Eine Besonderheit in der Stadt sind die sogenannten „Food Courts“, die teilweise auch „Food Halls“ oder „Food Malls“ genannt werden. Dabei handelt es sich, wie der Name vermuten lässt, um große gastronomische Einrichtungen handelt, die aus aneinandergereihten Essständen bestehen.

Normalerweise findet man in einem Food Court gleich mehrere Küchen unter einem Dach, die ihre Speisen auch vergleichsweise günstig anbieten. Gewissermaßen sind Food Courts also die gastronomische Ausprägung des Multikulturalismus, der in Melbourne so verbreitet ist.

Der Ong Food Court in der Little Bourke Street bietet hauptsächlich asiatische Speisen an, wobei die Angebote in verschiedene regionale Küchen differenziert werden. Man findet in diesem Markt ebenso chinesische wie auch thailändische, vietnamesische und malaiische Küche. Der Ong Food Court ist relativ günstig und schenkt auch Alkohol aus.

Ein anderer, in Melbourne sehr bekannte Markt ist der Hyatt International Food Court, der helle Räumlichkeiten und sehr bequeme Sitzgelegenheiten bietet. Der Hyatt Food Court gilt als der gepflegteste, allerdings nicht unbedingt als der günstigste der Stadt, und ein Besuch empfiehlt sich, wenn man eine vielfältige Speisekarte wünscht, auf die Annehmlichkeiten eines angenehmen Ambiente aber nicht verzichten möchte.